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Schlagwort: Publikation
Ergebnisse unserer Erhebungen in Marburg (MoVe 35): Abschlusspräsentation
Im Rahmen eines gemeinsamen digitalen Austausch mit der Stadtverwaltung der Stadt Marburg (u.a. Bürger*innenbeteiligung und Verkehrsplanung) am 25. September 2024 stellte die Forschungsgruppe die Ergebnisse der Erhebungen im Zusammenhang mit dem Beteiligungsverfahren zum Mobilitäts- und Verkehrskonzept MoVe 35 vor. Das Projekt MoVe 35 war eines von insgesamt fünf Planungsvorhaben, die von der Forschungsgruppe CIMT über mehrere Jahre intensiv untersucht wurden, um die Wirkungen von konsultativer Bürger*innenbeteiligung u.a. auf politische Einstellungen zu untersuchen.
Im Rahmen des Planungsverfahrens wurden verschiedene Beteiligungsformate durchführt, z.B. eine Online-Befragung, Workshops, ein Projektbeirat oder ein Online-Dialog zum ÖPNV. Im Zusammenhang mit dem Mobilitätskonzept wurde außerdem ein (Rats-)Bürgerentscheid durchgeführt. Nähere Informationen zum Projekt MoVe 35 und den durchgeführten Beteiligungsformaten finden sich auf der Website der Stadt Marburg.
Dieses Planungs- und Beteiligungsverfahren wurde von der Forschungsgruppe CIMT der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf unabhängig (d.h. ohne Auftrag und Einflussnahme seitens der Stadt Marburg) untersucht, vor allem mit Hilfe von Umfragen unter den Einwohner*innen in Marburg. Dazu wurde in Marburg unter anderem in den Jahren 2021 und 2024 jeweils ein zufällig ausgewählter Teil der Bevölkerung befragt. Weitere Informationen zu den Befragungen der Forschungsgruppe finden Sie hier.
Ausgewählte Ergebnisse
- Die Verkehrspolitik und die Verkehrswende sind – wie in allen unseren untersuchten Projektgebieten – Konfliktthemen. In Marburg besteht dabei aber ein besonders deutlicher Gegensatz zwischen den Bildungsgruppen. Zum Beispiel lehnen Personen ohne Abitur es mehrheitlich ab, zukünftig den Platz für den Autoverkehr zu verringern, während sich das fast die Hälfte der Personen mit Abitur vorstellen kann.
- Im Beteiligungsverfahren waren Befürworter*innen und Gegner*innen der Verkehrswende ähnlich stark vertreten. Auffällig war, dass sich in Marburg überdurchschnittlich viele Autofahrende beteiligt haben.
- Die im Rahmen von Move 35 vorgesehenen Maßnahmen werden von Personen mit Abitur mehrheitlich positiv bewertet, um die Ziele nachhaltiger Mobilität zu erreichen – im Gegensatz zu Personen ohne Abitur.
- Die sehr unterschiedlichen Einschätzungen der beiden Bildungsgruppen werden auch deutlich beim (geplanten) Abstimmungsverhalten für den Bürgerentscheid zur Halbierung des PKW-Verkehrs: Personen mit Abitur sind mehrheitlich dafür, Personen ohne Abitur mehrheitlich dagegen, Teilnehmende am Konsultationsverfahren gespalten.
- Die Zufriedenheit mit den lokalen Institutionen (Oberbürgermeister, Stadtverwaltung, Rat) war insgesamt zwar etwas besser als in anderen Projektgebieten, hat sich aber von 2021 bis 2024 bei Personen ohne Abitur deutlich verschlechtert.
- Die Informationen zum Beteiligungsverfahren hat einen großen Teil der Bevölkerung erreicht. Beteiligt haben sich dennoch vor allem hoch gebildete Männer mittleren Alters – typisch für konsultative Beteiligung. Es hatte einen relativ großen Einfluss auf die Zufriedenheit der Bürger*innen mit Oberbürgermeister, Verwaltung und Rat. Wie zu erwarten werden Personen, die die Maßnahmen von MoVe 35 begrüßen, eher zufriedener, wer die Maßnahmen ablehnt, äußert dagegen größere Unzufriedenheit.
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Ergebnisse unserer Erhebungen in Offenburg (OG 2035): Abschlusspräsentation
In einem gemeinsamen Termin mit Vertreter*innen aus den Bereichen Stadtentwicklung und Verkehrsplanung der Stadt Offenburg stellte die Forschungsgruppe am 11. Oktober 2024 die Ergebnisse der Erhebungen im Zusammenhang mit dem Beteiligungsverfahren zum Masterplan Verkehr OG 2035 vor. Der Masterplan Verkehr OG 20235 war eines von insgesamt fünf Planungsvorhaben, die von der Forschungsgruppe CIMT über mehrere Jahre intensiv untersucht wurden, um die Wirkungen von konsultativer Bürger*innenbeteiligung u.a. auf politische Einstellungen zu untersuchen.
Im Rahmen des Planungsverfahrens wurden verschiedene Formate durchführt, z.B. Online-Dialoge, Workshops, lokale Foren, Jugendbeteiligung sowie die Einrichtung von Pop-Up Maßnahmen. Nähere Informationen zum Projekt OG 2035 und den durchgeführten Beteiligungsformaten finden sich auf der Website der Stadt Offenburg.
Dieses Planungs- und Beteiligungsverfahren wurde von der Forschungsgruppe CIMT der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf unabhängig (d.h. ohne Auftrag und Einflussnahme seitens der Stadt Offenburg) untersucht, vor allem mit Hilfe von Umfragen unter den Einwohner*innen in Offenburg. Dazu wurde in Offenburg unter anderem in den Jahren 2021 und 2023 jeweils ein zufällig ausgewählter Teil der Bevölkerung befragt. Weitere Informationen zu den Befragungen der Forschungsgruppe finden Sie hier.
Ausgewählte Ergebnisse
- Verkehrspolitik und die Verkehrswende sind in Offenburg Konfliktthemen – genauso wie in allen anderen untersuchten Projektgebieten. Im Beteiligungsverfahren waren alle Meinungen vertreten, die Befürworter*innen der Verkehrswende allerdings etwas stärker und auch seltener Autonutzende.
- Die Zufriedenheit mit den lokalen Institutionen (Oberbürgermeister, Stadtverwaltung, Rat) ist insgesamt eher durchschnittlich (und etwas schlechter als in anderen Projektgebieten) und hat sich vor allem von 2021 bis 2023 deutlich verschlechtert.
- Die im Rahmen des Masterplan OG 2035 beschlossenen verkehrlichen Maßnahmen stellen nicht alle Interessen zufrieden, aber insgesamt ist nur eine Minderheit (20-25%) wirklich dagegen. Personen, die am Beteiligungsverfahren teilgenommen haben, bewerten die Ergebnisse insgesamt positiver.
- Wie bei den meisten offenen Beteiligungsformaten sind die Teilnehmende nicht repräsentativ für die Bevölkerung. Vertreten sind vor allem Personen mit Abitur, mittleren Alters und Männer.
- Das Beteiligungsverfahren hatte einen (vergleichsweise geringen) und insgesamt negativen Einfluss auf die Zufriedenheit mit der lokalen Politik und Verwaltung, wobei die Stadtverwaltung gerade von den Konsultationsteilnehmenden positiver als OB und Rat bewertet wurde. Wie zu erwarten werden Personen, die die Maßnahmen von OG 2035 begrüßen, eher zufriedener, wer die Maßnahmen ablehnt äußert dagegen größere Unzufriedenheit.
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Ergebnisse unserer Erhebungen in Hamburg-Altona (Sanierung Elbchaussee): Abschlusspräsentation
In einem gemeinsamen Termin mit einer Vertreterin des Landesbetrieb, Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) der Freien und Hansestadt Hamburg stellte die Forschungsgruppe am 15. Mai 2023 die Ergebnisse der Erhebungen im Zusammenhang mit dem Beteiligungsverfahren zur Sanierung der Elbchaussee (Elbchaussee Dialog) vor. Die Sanierung der Elbchaussee war eines von insgesamt fünf Planungsvorhaben, die von der Forschungsgruppe CIMT über mehrere Jahre intensiv untersucht wurden, um die Wirkungen von konsultativer Bürger*innenbeteiligung u.a. auf politische Einstellungen zu untersuchen.
Im Rahmen des Planungsverfahrens wurden verschiedene Beteiligungsformate durchführt, z.B. Online-Dialoge und Workshops. Nähere Informationen zum Elbchaussee Dialog und den durchgeführten Beteiligungsformaten finden sich auf der Website des LSBG.
Dieses Planungs- und Beteiligungsverfahren wurde von der Forschungsgruppe CIMT der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf unabhängig (d.h. ohne Auftrag und Einflussnahme seitens der Stadt Hamburg) untersucht, vor allem mit Hilfe von Stakeholder-Interviews sowie Umfragen unter den Einwohner*innen in Altona. Dazu wurde in ausgewählten Stadtteilen in Altona im Jahr 2021 ein zufällig ausgewählter Teil der Bevölkerung befragt. Weitere Informationen zu den Befragungen der Forschungsgruppe finden Sie hier.
Ausgewählte Ergebnisse
- Die Teilnehmende am Beteiligungsverfahren hatten einen hohen sozialen Status (Bildung, Einkommen), waren deutlich älter, oft männlich – Radfahrende und Autofahrende!
- Motiv für Beteiligung insbesondere: Einfluss auf Entscheidung nehmen.
- Es wird tendenziell ein mangelnder Einfluss der Beteiligung auf die politische Entscheidung wahrgenommen.
- Dies deckt sich mit den Ergebnissen durch die Stakeholder-Interviews und die Dokumentenanalyse. Auch hier zeigt sich eine eher geringe Policy-Wirkung der Konsultation.
- Besonders hinderlich waren dabei Restriktion durch Paradigmen und Vorgaben von höheren politischen Ebenen.
- Das Planungsverfahren und seine Ergebnisse wurden von der Öffentlichkeit insgesamt dennoch durchaus positiv bewertet, aber die Teilnehmende zeigen eine negativere Einschätzung der Ergebnisse des Planungsverfahrens.
- Das Verfahren hat einen Einfluss auf Zufriedenheit mit lokalen Institutionen.
Es ist zu beachten, dass die Präsentation im Wesentlichen den Stand der Erkenntnisse im Frühjahr 2023 darstellt. Seitdem wurden zusätzliche Auswertungen durchgeführt. Ausführlicher werden die Ergebnisse dieser Fallstudie daher in der Dissertation von Laura Mark vorgestellt.
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Akzeptanz für Transformationsprojekte durch Bürgerbeteiligung? Ein Plädoyer für mehr Realismus
In diesem Beitrag im eNewsletter des Netzwerk Bürgerbeteiligung plädieren Tobias Escher, Katharina Holec und Laura Mark für einen realistischeren Blick auf die Rolle von Bürger*innenbeteiligung bei der Nachhaltigkeitstransformation. Anhand von vier Thesen erläutern Sie, dass die vielfach mit Beteiligung verbundene Hoffnung auf Konfliktlösung der Rolle von öffentlichen Konsultationen nicht gerecht wird, diese aber trotzdem unverzichtbar bei der politischen Gestaltung der Transformation sind.
Zusammenfassung
Der Beitrag stellt insgesamt vier Thesen auf, die jeweils mit Befunden aus der Forschung des CIMT-Projekts untermauert werden. Diese lauten im Einzelnen:
- These 1: Bürger*innenbeteiligung kann zu einer Annäherung und zu gegenseitigem Verständnis führen, in der Regel aber nicht zu einem Konsens über grundlegende Interessenkonflikte.
- These 2: Bürger*innenbeteiligung vermittelt ein Bild über existierende Interessen und Bedenken, aber keinen repräsentativen Eindruck der öffentlichen Meinung
- These 3: Die Beteiligungsergebnisse garantieren keine Unterstützung nachhaltiger Transformationsmaßnahmen.
- These 4: Bürger*innenbeteiligung ist eine Unterstützung, aber kein Ersatz für politische Entscheidungen.
Damit wird Bürger*innenbeteiligung aber nicht verzichtbar! Statt dessen kann gute Beteiligung unterstützen, indem sie informiert und so z. B. Widerstände abbaut, die vor allem auf Unwissenheit beruhen. Darüber hinaus nutzt sie das lokale Wissen, um Probleme zu erkennen und ggf. neue Ideen zu entwickeln. Schließlich bietet sie ein Forum, in dem Wünsche und Sorgen vorgebracht und Argumente ausgetauscht werden können. Das kann dazu führen, dass es weniger Protest gibt. Sie kann Konfliktlinien klarer herausarbeiten und dabei helfen die Ursachen für die Konflikte besser zu verstehen. Bürgerbeteiligung kann damit zum Umgang mit den der Transformation inhärenten Konflikten beitragen, aber wird sie in der Regel nicht auflösen. Bürgerbeteiligung bleibt nicht zuletzt demokratisch geboten, denn weitreichende Entscheidungen sollten durch die Bürger/innen mitgestaltet werden können.
Publikation
Escher, Tobias; Holec, Katharina; Mark, Laura (2024): Akzeptanz für Transformationsprojekte durch Bürgerbeteiligung? Ein Plädoyer für mehr Realismus. Hg. v. Stiftung Mitarbeit. Bonn (eNewsletter Netzwerk Bürgerbeteiligung, 02/2024). Online verfügbar hier.
(ebenfalls erschienen in: Transformation demokratisch gestalten: Beteiligung und Mitwirkung auf dem Weg zu mehr Klimaschutz und Nachhaltigkeit, herausgegeben von Stiftung Mitarbeit, Bd. 17. mitarbeiten.skript. Bonn, 2024)
Ergebnisse unserer Erhebungen in Hamburg-Ottensen (freiRaum Ottensen): Abschlusspräsentation
In einem gemeinsamen Termin mit Vertreter*innen des Bezirksamts Altona (Hamburg) stellte die Forschungsgruppe am 7.12.2023 die Ergebnisse der Erhebungen im Zusammenhang mit dem Projekt freiRaum Ottensen vor. FreiRaum Ottensen war eins der fünf Projekte, in denen Befragungen und Interviews durchgeführt wurden. Der Fokus lag dabei auf den Konsultationsformaten, an denen die allgemeine Öffentlichkeit teilnehmen konnte. Nähere Informationen zum Projekt freiRaum Ottensen und den durchgeführten Beteiligungsformaten finden sich hier.
Ausgewählte Ergebnisse
- Die Bevölkerung in Ottensen sieht größtenteils Verbesserungsbedarf beim Verkehr und steht der Verkehrswende insgesamt relativ positiv gegenüber.
- Rund 50% der Bevölkerung hat vom Partizipationsverfahren zu freiRaum Ottensen gehört, ca. 16% haben teilgenommen. Im Vergleich mit anderen Verfahren sind das relativ hohe Werte, wobei trotz breiter und zielgruppenspezifischer Angebote die übliche Überrepräsentation von Personen mit Abitur, Männern und Personen älterer Jahrgänge festzustellen ist.
- Die Diskussion in den Beteiligungsveranstaltungen wurde als konstruktiv und respektvoll wahrgenommen, dennoch wurden Konflikte und Lücken bei der Repräsentation aller Interessen wahrgenommen.
- Der Policy-Prozess wurde in diesem Projekt vergleichsweise weit für die Bürger*innen geöffnet und die Beteiligung konnte das Planungsergebnis inhaltlich mitgestalten.
- Für rund ein Drittel der Bevölkerung und für die Hälfte der Teilnehmenden hatte das Beteiligungsverfahren einen Einfluss auf die Zufriedenheit mit dem Bezirksamt. Allerdings war der Einfluss nicht immer positiv: Zum Beispiel war jede*r vierte Teilnehmer*in am Ende zufriedener mit dem Bezirksamt, aber genau so viele waren auch weniger zufrieden.
- Zwei Drittel der Bevölkerung beurteilen die beschlossenen Maßnahmen positiv.
- (Aussagen zur Bevölkerung beziehen sich in der Regel auf die Teilgruppe der Personen mit Abitur – siehe detaillierte Informationen zur Repräsentativität der Befragungen)
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KI zur Auswertung von Beteiligung? Das Potenzial von Sprachmodellen zur Erkennnung von Verkehrsmitteln in Beteiligungsbeiträgen
In diesem Artikel in der Zeitschrift Internationales Verkehrswesen stellen Laura Mark, Julia Romberg und Tobias Escher ein Sprachmodell vor, mit dessen Hilfe Verkehrsmittel in Beteiligungsbeiträgen zuverlässig erkannt werden. Sie zeigen damit, dass überwachtes maschinelles Lernen die Auswertung von Beteiligungsbeiträgen mobilitätsbezogener Online-Beteiligungsverfahren sinnvoll unterstützen kann.
Zusammenfassung
Konsultationen sind ein wichtiger Bestandteil der Verkehrsplanung und können dazu beitragen, Wissen aus der Bevölkerung in den Planungsprozess zu integrieren. Insbesondere durch Onlineformate kommen allerdings oft große Mengen an Beiträgen zustande, deren gründliche Auswertung ressourcenintensiv ist. Mit dem Einsatz von KI wird die Hoffnung verbunden, diese zu unterstützen.
Das in diesem Artikel vorgestellte Sprachmodell beruht auf dem Konzept des überwachten maschinellen Lernens zur Textklassifikation. Dabei werden vortrainierte Modelle mithilfe kleinerer Datensätze nachtrainiert. So kann ein Modell an einen speziellen Anwendungsbereich, wie beispielsweise verkehrsplanerische Konsultationsprozesse, angepasst werden.
Hier wurde eine vortrainierte deutschsprachige Version des leistungsfähigen RoBERTa Sprachmodells als Ausgangspunkt genommen. Anhand eines Kategorisierungsschemas, das hauptsächlich nach erwähnten Verkehrsmitteln unterscheidet, wurden 1.700 Beiträge aus sieben verkehrsplanerischen Konsultationsprozessen manuell kodiert. Die so entstandenen Daten wurden zum Teil als Trainingsdaten zum Fine-Tuning des Sprachmodells und zum Teil zur Evaluation genutzt.
Ergebnisse
- Insgesamt konnte gezeigt werden, dass sich bereits heute verfügbare Sprachmodelle eignen, um die Auswertung von Konsultationsprozessen in der Praxis zu unterstützen. Das hier entwickelte Sprachmodell zur Erkennung der Verkehrsmittel kann dabei als Basis für eine konkrete Anwendung dienen.
- Das nachtrainierte RoBERTa-Sprachmodell ist sehr gut in der Lage, die passenden Verkehrsmittel zuzuordnen. Das von uns vorgestellte Modell kann zuverlässig immer deutlich über 90% der Beiträge korrekt den darin genannten Verkehrsmitteln zuordnen.
- Für die Verfahren, auf deren Beiträgen das Modell trainiert worden war, konnten im Durchschnitt 97% der Kategorien korrekt zugeordnet werden (auf einem separaten Testset). Für Beiträge aus anderen verkehrsbezogenen Beteiligungsverfahren konnten mit einer Genauigkeit von 91 bis 94% weiterhin sehr zuverlässig die passenden Verkehrsmittel zugeordnet werden.
- Die Leistung des Modells verschlechtert sich also kaum, wenn es auf bislang unbekannte Daten aus mobilitätsbezogenen Beteiligungsverfahren angewandt wird. Das bedeutet, dass eine manuelle Kodierung im Vorfeld zumindest bei ähnlich aufgestellten Beteiligungsverfahren entfallen kann, was den Aufwand deutlich reduziert.
Publikation
Mark, Laura; Romberg, Julia; Escher, Tobias (2024). KI zur Auswertung von Beteiligung? Das Potenzial von Sprachmodellen zur Erkennung von Verkehrsmitteln in Beteiligungsbeiträgen. In: Internationales Verkehrswesen 76 (1): 12-16. DOI: 10.24053/iv-2024-0003
Die politische Gestaltung der Nachhaltigkeitstransformation: partizipativ und ökologisch?
In diesem Artikel in regierungsforschung.de, dem wissenschaftlichen Online-Magazin der NRW School of Governance, geht Tobias Escher der Frage nach, ob sich die Beteiligungsformate, die zur einer partizipativen Gestaltung der Nachhaltigkeitstransformation notwendig sind, auch ökologisch nachhaltig umsetzen lassen. Es wird also beleuchtet, wie sich der Anspruch an (ökologisch) nachhaltiges Regierungshandeln im demokratisch so wichtigen Bereich der öffentlichen politischen Mitbestimmung gewährleisten lässt.
Zusammenfassung
Die Transformation zu einer nachhaltigen Gesellschaft kann nur durch die Einbeziehung aller Stakeholder gelingen. Gleichzeitig erfordert nachhaltiges Regierungshandeln, dass auch diese Beteiligungsprozesse den Anforderungen an ebendiese Nachhaltigkeit genügen. Auf Basis einer systematischen Diskussion der Treibhausgasemissionen, die bei verschiedenen politischen Beteiligungsformaten anfallen, argumentiert dieser Beitrag, dass angesichts der funktionalen und normativen Bedeutung politischer Partizipation deren Ökobilanz regelmäßig nicht im Widerspruch zum Anspruch an nachhaltiges Regieren steht.
Ergebnisse
- Bei der Durchführung von Beteiligungsformaten entstehen Treibhausgasemissionen durch notwendige Energie, die Mobilität der Teilnehmenden sowie gegebenenfalls deren Versorgung. Die Höhe der Emissionen hängt dabei entscheidend davon ab, ob die Formate in Präsenz oder digital durchgeführt werden (siehe Tabelle unten).
- Für lokale Präsenzformate sind die Emissionen aus dem Betrieb des Veranstaltungsortes und der Mobilität vergleichsweise gering und betragen im betrachteten Szenario pro Person nur rund 2kg CO2-Äquivalente. Die Emissionen steigen um ein Vielfaches, sobald eine weitere Anreise (mit fossil betriebenen Verkehrsmitteln) notwendig ist – im zu Grunde liegenden Szenario um das zwölffache auf 24kg. Das entspricht in etwa den durchschnittlichen Emissionen aus einer Autofahrt von 100km Länge.
- Im Gegensatz dazu entstehen durch Online-Beteiligungsformate nur sehr geringe Emissionen (im Szenario rund 0,3kg pro Person). Dennoch kann die Wahl der Beteiligungsformate sich nicht nur an deren kurzfristigen ökologischen Kosten orientieren, sondern muss auch normative Anforderung an Inklusion und Mitbestimmung berücksichtigen. Gerade digitale Beteiligungsformate stellen bedeutende Teilnahmehürden für ohnehin benachteiligte Bevölkerungsgruppen dar (siehe dazu auch unser DigiBeSt-Gutachten).
- Insgesamt hat Beteiligung also zwar einen ökologischen Fußabdruck, dieser ist aber in aller Regel aus funktionalen und normativen Erwägungen gerechtfertigt. Regieren soll eben nicht nur nachhaltig, sondern vor allem demokratisch sein!
Präsenzbeteiligung | digitale Beteiligung | |||
lokal | (über)-regional | asynchron | synchron | |
Energie & Klima | Heizung & Klimatisierung Veranstaltungsort | Betrieb Endgeräte & Rechen-zentren | daten-intensivere Kommu-nikation | |
Mobilität | Anreise mit Verkehrs-mitteln | Anreise mit Verkehrs-mitteln | entfällt | |
Versorgung Teilnehmende | Catering | Über-nachtung | entfällt |
Publikation
Escher, Tobias (2024). Die politische Gestaltung der Nachhaltigkeitstransformation: partizipativ und ökologisch? Essay. In: Regierungsforschung.de 15. https://regierungsforschung.de/die-politische-gestaltung-der-nachhaltigkeitstransformation-partizipativ-und-oekologisch/.
Die Konsultation von Bürgerinnen und Bürgern bei kommunalen Mobilitätsprojekten: Eine quantitative Erhebung konsultativer Beteiligungsverfahren in Deutschland
In diesem Artikel in der Zeitschrift Raumforschung und Raumordnung stellen Laura Mark, Katharina Holec und Tobias Escher die Ergebnisse einer Erhebung zu Umfang und Ausgestaltung von Konsultation bei kommunaler Planung mit Mobilitätsbezug vor. Aus diesen Ergebnissen lassen sich Aussagen über die Beteiligungslandschaft in Deutschland ableiten.
Die Ergebnisse wurden im Juni 2023 in einer früheren Fassung auf der 18. Jahrestagung des Arbeitskreises Mobilität und Verkehr (AK MoVe) vorgestellt.
Zusammenfassung
Kommunen als wesentliche Akteure der Verkehrswende nutzen bei der Planung verstärkt konsultative Öffentlichkeitsbeteiligung. Bislang ist jedoch unklar, in welchem Ausmaß sie Beteiligungsverfahren bei der mobilitätsbezogenen Planung einsetzen und wie diese gestaltet werden. Im Hinblick auf die Herausforderungen der Verkehrswende ist eine solche Bestandsaufnahme aber höchst relevant, um die praktische Bedeutung von Partizipationsverfahren abzuschätzen und die Rolle verschiedener Verfahrenstypen und -kontexte besser untersuchen zu können.
Die Erhebung schließt diese Lücke auf Basis einer Auswertung der konsultativen, diskursiven Beteiligungsangebote für mobilitätsbezogene Planungen deutscher Städte seit 2015. Untersucht wurden Städte mit Leitlinien für Bürgerbeteiligung, die mit einer Zufallsauswahl aus ‘typischen‘ Kommunen in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Sachsen sowie den drei deutschen Stadtstaaten verglichen wurden.
Auf Basis dieser rund 180 Städte und 350 Verfahren wird deutlich, dass diskursive Konsultationen zwar regelmäßig durchgeführt werden, vor allem in Kommunen mit Leitlinien sowie größeren Städten. Kritisch zu bewerten ist, dass die dabei eingesetzten Formate meist nur bestimmte Gruppen der Bevölkerung erreichen können und dass sich oft keine Angaben zu den Ergebnissen der Beteiligung auffinden lassen. Damit kommen die Potentiale diskursiver Bürger*innenbeteiligung bei der Bewältigung der kommunalen Verkehrswende bislang zu wenig zum Tragen.
Wesentliche Ergebnisse
- Beteiligung an kommunalen Planungsverfahren mit Mobilitätsbezug ist keine Ausnahme mehr, aber auch noch nicht die Regel. Basierend auf den Daten unserer Stichprobe kann man davon ausgehen, dass es in den meisten Kommunen in Deutschland im betrachteten Zeitraum keine Möglichkeit gab, sich an solchen Verfahren zu beteiligen.
- Generell beteiligten Städte mit Leitlinien ihre Bürger*innen häufiger, öfter und mit vielfältigeren Themen und Formaten. Mittel- und Großstädte beteiligten deutlich häufiger als Kleinstädte.
- Bei den eingesetzten Beteiligungsformaten zeigen sich Schwächen: Der Großteil der Kommunen setzten auf selbst-selektierte Auswahlprozesse. Erste Versuche mit zielgruppenspezifischen Formaten oder vereinzelt auch Zufallsauswahl sind v.a. in den Kommunen mit Leitlinien und in den Stadtstaaten zu finden. Auch wurde ein großer Anteil der Verfahren rein online durchgeführt.
- Für 5 bis 10% der Verfahren ließ sich kein aktueller Stand auffinden, für einen größeren Teil war unklar, was nach der Konsultation passierte. Dies trifft für alle Kommunen zu, wenn auch weniger stark auf solche mit Leitlinien und lässt sich als Mangel an Transparenz und Wirkung der Beteiligung werten.
Publikation
Mark, Laura; Holec, Katharina; Escher, Tobias (2024). Die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern bei kommunalen Mobilitätsprojekten. Eine quantitative Erhebung konsultativer Beteiligungsverfahren in Deutschland. In: Raumforschung und Raumordnung: 1-16. DOI: 10.14512/rur.2239.
Datengrundlage
Die Datengrundlage, also die systematisch erhobene Zusammenstellung der Beteiligungsverfahren und deren Kodierung nach bestimmten Aspekten, findet sich zur Recherche und zum Download hier.
Ist das gerecht? Eine Bewertungshilfe für lokale Mobilitätsmaßnahmen
In diesem Artikel in der Zeitschrift Internationales Verkehrswesen stellen Laura Mark, Annika Busch-Geertsema, Jessica LeBris, Gesa Matthes und Kerstin Stark einen praxistauglichen Ansatz vor, um die Gerechtigkeit von Verkehrswend-Maßnahmen in verschiedenen Dimensionen zu überprüfen. Der Ansatz sowie der Artikel sind im Kontext des Arbeitskreises „Mobilität, Erreichbarkeit und soziale Teilhabe“ der Akademie für Raumentwicklung in der Leibniz-Gemeinschaft (ARL) entstanden.
Zusammenfassung
Vorgestellt wird ein praxistaugliches Instrument, um einen systematischen „zweiten Blick“ auf Verkehrswende-Maßnahmen mit einer Brille der Gerechtigkeit werfen zu können. Es kann dabei sowohl für die konzeptionelle Unterstützung bei Planung und Umsetzung, zur Reflexion während oder nach des Prozesses sowie für ein fortlaufendes Monitoring genutzt werden.
Anhand von drei Gerechtigkeitsdimensionen kann überprüft werden, welche Bevölkerungsgruppen von der Maßnahmen profitieren. Als Dimensionen dienen dabei Verteilungsgerechtigkeit, Anerkennung verschiedener Lebensrealitäten und Verfahrensgerechtigkeit, die weiter ausdifferenziert und in einer einfach handhabbaren Matrix miteinander verschnitten wurden.
Um die Anerkennung verschiedener Lebensrealitäten auszudifferenzieren, wird mit dem Persona-Ansatz gearbeitet. In einer Persona sind bestimmte Eigenschaften kombiniert, die Mobilitätsoptionen und -entscheidungen sowie Aktivitätsketten beeinflussen und einschränken können. Im Artikel wird eine Systematik für die Entwicklung eigener Personas vorgeschlagen, für die Anwendung können aber auch die bereits von den Autorinnen entwickelten Personas genutzt werden.
Im Artikel wird der Ansatz der Gerechtigkeitsdimensionen und der Personas genauer vorgestellt. Er kann hier heruntergeladen werden.
Außerdem kann das Bewertungswerkzeug einschließlich einer Nutzungsanleitung und Vorschlägen für Personas im Excel-Format auf der Seite des AK Mobilität der ARL heruntergeladen werden (nach unten scrollen).
Die Autorinnen freuen sich über Rückmeldung und ermutigen zur freien Verwendung und Weiterentwicklung.
Publikation
Mark, Laura; Busch-Geertsema, Annika; LeBris, Jessica; Matthes, Gesa; Stark, Kerstin (2023): Ist das gerecht? Eine Bewertungshilfe für lokale Mobilitätsmaßnahmen. In: Internationales Verkehrswesen 75 (4), S. 28–31.