In der Serie Meet-the-Team stellen wir jede Woche ein Mitglied der Forschungsgruppe vor, um einen Eindruck jenseits der wissenschaftlichen Arbeit zu vermitteln. Dazu hat uns unserer studentischer Mitarbeiter Philippe Sander ein paar Fragen gestellt.
Heute im Interview: Tobias. Als politischer Soziologie gilt sein Interesse insbesondere dem Einfluss von Beteiligungsmöglichkeiten auf Legitimitätseinstellungen und wie diese mit der substantiellen „Qualität“ von Beteiligungsbeiträgen zusammenhängen. Darüber hinaus leitet er die Nachwuchsgruppe. Mehr Infos zu Tobias‘ Forschung finden sich hier.
Was hat dich dazu inspiriert, eine Karriere in deinem Forschungsbereich anzustreben, und wie hast du in deinem Fachbereich begonnen?
Ich glaube, für mich war schon immer von Bedeutung, wie Menschen ihre Geschicke bestimmen können und wie man dafür sorgt, dass Gesellschaften sich darauf einigen, wie sie zusammenleben wollen. Von daher hat mich bereits früh im Studium interessiert, was politische Beteiligung ist und welche Rolle sie für politische Entscheidungen spielt. Am Anfang meiner Forschung ging es dabei vor allen Dingen um den Einfluss des Internets. Viele Fragen waren damals noch offen. Eine davon war zum Beispiel, ob sich durch die digitalen Möglichkeiten mehr Leute beteiligen würden als früher, oder ob man mit Online-Partizipation überhaupt etwas bewirken kann. Mittlerweile sind die neuen Medien nicht mehr neu und ich verfolge darüber hinaus andere Fragen, aber dem Thema Beteiligung bin ich treu geblieben.
Kannst du dein aktuelles Forschungsprojekt beschreiben und was du damit erreichen möchtest? Was findest du daran persönlich am interessantesten?
In unserem aktuellen Forschungsprojekt ist die Grundfrage letztlich, wie in den Kommunen die Verkehrswende und die Anpassung and den Klimawandel gelingen können. Denn Mobilität ist ein wesentlicher Faktor für die Emissionen. Aus meiner Sicht ist das komplexe Thema Klimawandel und was wir dagegen tun können keine technische Frage, sondern eher eine soziale. Konkret: Wie schaffen wir es, die Dinge – von denen wir wissen, dass wir sie tun müssen – auch so zu tun, dass sie entsprechend ökologisch, sozial und ökonomisch nachhaltig sind und von der Bevölkerung akzeptiert werden.
Wie gehst du bei deiner Forschung vor? Welche Methoden, Theorien oder Frameworks verwendest du?
Also, ich denke das spannende ist, dass wir in der Forschungsgruppe mit der Soziologie, der Stadtplanung und der Informatik zusammen sehr interdisziplinär arbeiten, und jede Disziplin hat ihre eigenen Theorien und Methoden. Im Bereich der Partizipationsforschung geht es zum einen um die ganz grundsätzliche Frage, welche Funktion die Beteiligung von Bürger*innen über Wahlen hinaus eigentlich hat. Da geben partizipative Demokratietheorien natürlich andere Antworten als liberale oder gar elitäre Demokratieverständnisse. Dann beschäftigen wir uns viel mit der Frage, wer sich überhaupt beteiligt und warum, oder eben auch nicht. In meiner Forschung orientieren wir uns da vor allem am Civic Voluntarism Model. Ansonsten interessiert mich vor allem, inwieweit die Beteiligung zu mehr Akzeptanz von Entscheidungen führt bzw. auch von den für die Entscheidung Verantwortlichen. Da reden von Legitimität und arbeiten da viel mit Easton, Scharpf oder Norris.
Methodisch ist das Projekt auch ziemlich spannend, da wir sowohl quantitativ als auch qualitativ arbeiten und versuchen, beides zu verbinden. In meiner Forschung gehen wir vor allem quantitativ vor, mit standardisierten Befragungen und entsprechenden quantitativen Analyseverfahren.
Was sind einige der größten Herausforderungen, mit denen du in deiner Arbeit konfrontiert bist, und wie überwindest du sie?
Dass wir immer die Balance halten müssen zwischen der eigentlichen Forschung, dem Management der Forschung und der restlichen Selbstverwaltung. Außerdem entsteht eine ganze Reihe von Herausforderungen, wenn Wissenschaft und Praxis aufeinandertreffen, zum Beispiel zeitlich, weil wir oft von der Planung der Städte abhängig sind, mit denen wir zusammenarbeiten. Im Projekt selbst ist es besonders, weil wir mit den verschiedenen Disziplinen arbeiten. Da muss man eine gemeinsame Sprache finden. Das ist nicht immer einfach.
Wie bleibst du auf dem neuesten Stand der Trends und Entwicklungen in deinem Fachgebiet?
Für uns in der Wissenschaft ist das zum einen der direkte Austausch mit den Kollegen*innen, also auf Konferenzen. Was ich ansonsten mache, ist, dass ich mir regelmäßig die neusten Artikel aus Zeitschriften schicken lasse, die ich generell lese und die relevant und einschlägig für mein Thema sind. Ich finde das eine ganz gute Methode, um nebenbei einen Einblick in aktuelle Themen, Methoden und Debatten zu erhalten, die mich interessieren.
Wie arbeitest du mit anderen Forscher*innen oder Expert*innen in deinem Bereich zusammen, um deine Projekte zu verbessern?
Ich halte es für wichtig, dass wir regelmäßig Feedback einholen, wie beispielsweise bei Kolloquien für Dissertationen oder in Workshops, die wir organisieren. Dabei erhalten wir dann auch Rückmeldungen von Personen außerhalb unseres Projektes. Zusätzlich haben wir für unser Projekt einen wissenschaftlichen Beirat, der uns wertvolle Tipps gibt. Meiner Meinung nach ist es vor allem der konstante Austausch mit anderen, der wichtig ist. Dies kann informell im universitären Umfeld geschehen, indem man sich auf dem Flur trifft und über Themen spricht, oder auch formell bei Konferenzen.
Welchen Einfluss hoffst du, dass deine Forschung auf die Gesellschaft oder das Feld haben wird?
Ich persönlich sehe den Klimawandel als die größte Herausforderung für die Menschheit an. Aus meiner Perspektive ist der weniger ein technisches Problem, sondern vielmehr ein soziales Problem, welches gelöst werden müsste. Wir haben zum großen Teil die Technologie dazu, aber scheitern daran, uns auf die notwendigen Maßnahmen wie beispielsweise ein Tempolimit zu einigen. Im Idealfall trägt unsere Forschung dazu bei, dass wir ein paar Aspekte herausarbeiten, bei denen man davon ausgeht, dass sie dabei helfen könnten. Aber vielleicht findet man auch Situationen, für die sich herausstellt, dass Bürger*innenbeteiligung nicht das richtige ist und andere Formate oder Mittel gefunden werden müssen. Die große Frage ist, wie die Transformation zu mehr Nachhaltigkeit gelingt, und an der versuchen wir, ein ganz kleines Stück mitzuarbeiten.
Kannst du uns von interessanten oder bedeutsamen Erfahrungen berichten, die du während deiner Forschung gemacht hast?
Das, was uns auszeichnet und was es besonders macht, ist die Zusammenarbeit mit der Praxis. Und da ist es eben immer wieder spannend, aus seinen akademischen Debatten herauszugehen und sich mit der Realität konfrontieren zu lassen. Da werden auch nochmal neue Akzente gesetzt. Wie gesagt, dass ist nicht immer einfach, aber das ist das was ich sehr schätze.
Vielleicht ein bisschen allgemeiner, aber was ich auch eine wichtige Erfahrung finde: Zu lernen, wie schön das ist, wenn andere Menschen, die man beim Beginn der wissenschaftlichen Karriere begleitet hat, gute Arbeit leisten und man das Gefühl hat, vielleicht doch einen gewissen Anteil daran zu haben, dass sie dann ihre Potentiale entfalten.
Welchen Rat hast du für Studenten und angehende Wissenschaftler, die gerade erst in ihre Karriere starten?
Die erste Frage, die man sich stellen muss ist: Was interessiert mich? Dabei ist die Balance zwischen Offenheit und Beharrlichkeit wichtig. Also nicht blind Trends zu folgen und Themen vorschnell fallen lassen, aber auch nicht beratungsresistent für die Vorschläge Anderer zu sein. Das zweite ist eher eine formale Sache. Die Wissenschaft hält unglaublich viel bereit. Das positive daran ist, man kann immer arbeiten, das negative ist, man wird auch immer arbeiten: diese Gedanken stellen sich ja nicht ab. Dessen muss man sich bewusst sein und für sich selbst entscheiden, ob das mit dem persönlichen Lebensplan zusammenpasst.
Schließlich, kannst du uns ein wenig über dich außerhalb deiner Arbeit erzählen? Welche Hobbys oder Interessen verfolgst du in deiner Freizeit, und wie ergänzen sie deine Forschung?
Das Thema Umweltschutz ist auch persönlich eines, dass mich begleitet. Zu fragen, was man persönlich tun kann, und wie man vielleicht auch andere davon überzeugt, ein bisschen mehr zu tun, als sie es jetzt tun. Damit gibt es mittlerweile eine schöne Verbindung zwischen dem was mir persönlich wichtig ist und was ich in meiner Forschung machen kann. Und so soll es ja auch sein. Ansonsten habe ich Familie und kann daher selten über Langeweile klagen.